Stell dir vor, du bekommst nur zu essen, wenn du vorher einen Marathon läufst - die Handfütterung beim Hund.
- Carolin Wolf
- 13. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Aug.
In letzter Zeit höre ich öfter Sätze wie: „Mein Hund bekommt sein ganzes Futter nur aus der Hand – fürs Training. Sonst nicht.“
Klingt für viele erstmal clever: Der Hund ist motiviert, weil er ja fressen muss, und so wird er sicher aufmerksam, oder?Aber aus meiner Erfahrung – und auch aus verhaltensbiologischer Sicht – steckt hier ein Problem dahinter, das wir uns genauer anschauen sollten.
Warum Futter nicht nur Bezahlung für „Leistung“ sein sollte
Hunde sind keine Maschinen, die wir mit Treibstoff befüllen, wenn sie eine Aufgabe erledigt haben. Fressen ist ein Grundbedürfnis – so wie Schlaf, Bewegung oder soziale Interaktion. Wenn der Hund nur Futter aus der Hand bekommt, wenn er eine Übung ausführt, dann wird dieses Grundbedürfnis komplett an Bedingungen geknüpft. Verhaltensbiologisch betrachtet kann das zu Frust, Dauerstress und sogar zu einer schlechteren Lernatmosphäre führen. Denn: Lernen funktioniert am besten, wenn der Hund entspannt ist und sich sicher fühlt – nicht, wenn er „arbeiten muss, um satt zu werden“.
Das Stressproblem im Kopf des Hundes
Studien zeigen, dass Zwang oder übermäßiger Leistungsdruck den Cortisolspiegel (Stresshormon) im Blut erhöhen können.Ein Hund, der weiß: „Ich kriege nur was zu fressen, wenn ich etwas mache“, kann in einen ständigen Erwartungs- oder Anspannungszustand geraten. Und das führt oft zu genau den Problemen, die man eigentlich vermeiden möchte:
Überdrehte Hunde, die ständig irgendwas anbieten, um Futter zu bekommen
Nervosität, wenn der Mensch gerade nichts mit ihnen macht
Weniger Fähigkeit, einfach mal zur Ruhe zu kommen
Motivation ja – aber bitte nicht erpressen
Ich liebe Futterbelohnungen im Training. Sie sind praktisch, klar verständlich für den Hund und machen Spaß. Aber ich möchte, dass mein Hund auch mal ein Leckerchen einfach so bekommt: Weil er gerade entspannt auf seiner Decke liegt. Weil er in einer schwierigen Situation von sich aus ruhig geblieben ist. Oder einfach, weil ich ihn gern habe. So lernt er: Mein Mensch ist nicht nur der, der etwas von mir will, sondern auch der, bei dem ich mich sicher fühlen kann – Vertrauen wächst vor allem durch gemeinsame positive Erfahrungen.
Ein Blick in die Wissenschaft
Moderne Lerntheorien sprechen von Bedürfnisorientierung und Selbstwirksamkeit. Wer bei mir im Training ist, hat diese Begriffe sicher auch schon das ein oder andere Mal gehört. Ein Hund, der nur über Arbeit an Futter kommt, verliert diese Selbstwirksamkeit – er lernt, dass er keinen Einfluss auf seine Grundbedürfnisse hat, außer wenn er gehorcht. In der Verhaltensforschung weiß man: Tiere, die keinen selbstbestimmten Zugang zu Ressourcen haben, zeigen häufiger Stresssignale und problematisches Verhalten.
Wie ich es im Training handhabe
Ja zum Futter im Training, aber nicht ausschließlich.
Auch außerhalb des Trainings bekommt mein Hund Futter – beim Spaziergang, beim Entspannen, beim gemeinsamen Spielen.
Ich baue kleine „Glücks-Leckerchen“ in den Alltag ein, die nichts mit einer Übung zu tun haben.
Das Ergebnis: Meine Hunde arbeiten gern mit, weil sie motiviert sind, nicht weil sie „müssen“. Und ich verwende nie ausschließlich nur Futter als Belohnung - da gibt es auch noch eine Reihe anderer Dinge die als Belohnung für unsere Hunde funktionieren.
Nur fürs Arbeiten zu füttern mag kurzfristig praktisch erscheinen – langfristig aber ist es weder fair noch artgerecht.
Hunde brauchen Futter nicht nur als Bezahlung, sondern auch als Teil einer sicheren, bedürfnisorientierten Beziehung.
Motivation entsteht nicht aus Mangel oder Hunger, sondern aus Freude.

Bis zum nächsten Mal bei Wuff & Wissen – Deinem Blog für Hundeverhalten!
Liebe Grüße,
Caro
In der Hundeverhaltensberatung erarbeiten wir für Deinen Hund ein Belohnungssystem - hier ist Futter natürlich erwünscht, aber wir möchten auch andere Belohnungen, wie zum Beispiel die soziale Interaktion bei der positiven Verstärkung nutzen.
Fütterst du deinen Hund ausschließlich während des Trainings und überlegst, ob das schon negative Auswirkungen hat? Lass uns gern darüber in einem Onlinetermin sprechen und Wege finden, das abzubauen!
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